Gleichberechtigung für Ungeborene

Gleichberechtigung

© 1997-2007 Hemera Technologies Inc.

Jeder Mensch ist gleich wertvoll, unabhängig von Fähigkeiten oder Körpergröße. Die Gleichheit vor dem Gesetz ist historisch und menschenrechtlich fest verankert, und gilt für alle Menschen, nicht etwa nur für besonders Privilegierte. Sie folgt unmittelbar aus der Menschenwürde, da der Anspruch auf Gleichberechtigung auf dem gleichen Wert aller Menschen beruht.

In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und ebenso in der Europäischen Menschenrechtskonvention wird jede Diskriminierung aufgrund der Geburt verboten:

Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach (…) nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand. (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 2 Satz 1, UN 1948)

Was ist mit der Geburt hier gemeint? Manche interpretieren dies als den rechtlichen Status bei der Geburt, als Diskriminierungsverbot unehelicher Geburten. Doch wenn der nur der rechtliche oder soziale Status gemeint gewesen wäre, hätte man dies auch so formulieren müssen. Denn das Wort ‘Geburt’ steht ganz allgemein für das natürliche Ende einer Schwangerschaft. Da die Gesetzesauslegung immer vom weitest möglichen Geltungsbereich des wörtlichen Textes ausgeht, bezieht sich dieses Menschenrecht nicht auf nur auf die Umstände oder den Status einer Geburt, sondern auf die Geburt selbst. Es ist ein Verbot der Diskriminierung unabhängig davon, ob die Geburt bereits stattgefunden hat oder eben nicht. Genauso wird auch das zuvor genannte ‘Vermögen’ interpretiert: Verbot der Diskriminierung unabhängig davon, ob Vermögen vorhanden ist oder nicht. Auch hier steht nicht die Art, Währung oder der ‘rechtliche Status des Vermögens’ zur Debatte.

Die Schlussfolgerung daraus:

  • Ungeborene Menschen dürfen nicht diskriminiert werden
  • Ungeborene Menschen müssen durch dieselben Gesetze, unter denselben Bedingungen,
    aus denselben Gründen und mit denselben Konsequenzen geschützt werden, wie Geborene.

Ok, das klingt zuerst mal etwas ungewöhnlich, man ist versucht, das für überzogen zu halten. Warum? Weil ein neu gezeugter Mensch von vornherein keine Gleichberechtigung fordern kann – oder darf? Er kann nichts weniger als ein Mensch sein, denn ‘Untermenschen’, ‘werdende Menschen’ oder ‘halbe Menschen’ sind ein ‘ganzer Unsinn’. Das besagt die Menschenwürde, die eine digitale Größe ist und keine Zwischenstufen kennt, siehe ‘Wer ist Mensch‘ und ‘Menschenwürde‘.

Historische Entwicklung der Gleichberechtigung

  • Israel – ca 1500 vor Chr.
    Und Gott schuf den Menschen in seinem Bilde. (Bibel, 1. Mose 1,27)
    Ihr sollt nicht die Person ansehen im Gericht; den Kleinen wie den Großen sollt ihr hören; ihr sollt euch vor niemand fürchten, denn das Gericht ist Gottes. (Bibel, 5. Mose 1,17)
  • Griechenland – ca 400 vor Chr.
    Der griechische Gelehrte Antiphon formulierte schon im Altertum den Gedanken, dass zwischen den Menschen überhaupt kein wesenhafter Unterschied bestehe. Dennoch gab es im antiken Griechenland nie eine Gleichberechtigung aller Bürger, es gab nur eine Demokratie für die 30% der ‘Freien’. (Erik Wolf, Griechisches Rechtsdenken, Bd. II 1952, S. 87 ff)
  • Israel – ca 50
    Alles nun, was immer ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, also tut auch ihr ihnen; denn dies ist das Gesetz und die Propheten.
    (Goldene Regel von Jesus, Matthäus 7,12)
    Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Knecht noch Freier, da ist weder Mann noch Frau; denn ihr seid alle einer in Christus Jesus.
    (Paulus in Galater 3,28)
  • Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten – 1776
    Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich erschaffen wurden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt wurden.
    (Präambel, Gleichheit nach dem Vorbild der ‘Pilgerväter’ (1620 geflohene Reformierte aus England), bei denen alle Gemeindeglieder zur Wahl der Presbyter stimmberechtigt waren.)
  • Französische Revolution – 1789
    Die Losung hiess: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit (französisch: ‘Liberté, Égalité, Fraternité’). Leider folgte aus Jean Jaques Rousseaus Ideen keine Gleichheit, Brüderlichkeit, Freiheit oder Demokratie (schon gar nicht für Aristokraten). Stattdessen kamen der Terror der Guillotine und die Kriege Napoleons
  • Preussisches Allgemeines Landrecht – 1794
    §10. Die allgemeinen Rechte der Menschheit gebühren auch den noch ungebornen Kindern, schon von der Zeit ihrer Empfängniß.
    §24. Die Rechte beyder Geschlechter sind einander gleich, so weit nicht durch besondre Gesetze, oder rechtsgültige Willenserklärungen, Ausnahmen bestimmt worden. (PrALR Teil 1, Erster Titel, Von Personen und deren Rechten)
  • Allgemeine Erklärung der Menschenrechte – 1948
    Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach (…) nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand. 
    (AEMR Artikel 2 Satz 1)
    Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. Alle haben Anspruch auf gleichen Schutz gegen jede Diskriminierung, die gegen diese Erklärung verstößt, und gegen jede Aufhetzung zu einer derartigen Diskriminierung. (AEMR Artikel 7)
  • Europäische Menschenrechtskonvention – 1950
    Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, (…) des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten. (EMRK Artikel 14)
  • Deutsches Grundgesetz – 1949
    Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (GG Artikel 3 Absatz 1)

Das bedeutet insbesondere: Gleiches Recht für alle, Gesetze müssen für alle Menschen in gleicher Weise gelten.

Die Ethik des jüdisch-christlichen Glaubens war jedenfalls der Hintergrund für die Entwicklung der europäischen Kultur, und hatte damit großen Einfluss auf die Entstehung der Menschenrechte und des deutschen Grundgesetzes, was an verschiedenen inhaltlichen Parallelen zu erkennen ist. Die religiöse Frage nach der Gott-Ebenbildlichkeit des Menschen entspricht der säkularen Frage nach der menschenrechtlichen Gleichwertigkeit, genauer nach dem Diskriminierungsverbot, vor allem im Hinblick auf das Recht auf Leben und der Menschenwürde.

Auch die christliche Ethik zu Menschsein und Abtreibungen kommt zu denselben Schlussfolgerungen.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.