Frauenthemen

Führt ein Verbot nicht zu mehr gefährlichen Abtreibungen?

Es wird immer wieder die Befürchtung genannt, dass Frauen bei einem Abtreibungsverbot auf gefährliche Methoden zurückgreifen würden. Viele Frauen würden deshalb an einer illegalen Abtreibung sterben. Um dies zu verhindern, müsse Abtreibung legal möglich sein.

Nach den offiziellen WHO-Zahlen stimmt dies allerdings nicht, im Gegenteil..

Die WHO veröffentlicht die Zahlen zur Müttersterblichkeit (MMR) weltweit. Doch dort ist ersichtlich, dass Länder mit einer restriktiven Gesetzgebung bei Schwangerschaftsabbrüchen wie Irland, Polen oder Chile keineswegs eine hohe Müttersterblichkeit aufweisen. Die Rate ist dort seit Jahrzehnten auf demselben Niveau wie in den USA, China oder Russland, wo Abtreibung weitgehend legalisiert ist. Beispielsweise ist Chiles MMR niedriger als in China oder Russland und sinkt immer noch (Stand bis 2018). Die MMR Chiles hing hauptsächlich von der allgemeinen Bildung statt von legalen Abtreibungen ab, wie eine Studie von Elard Koch belegte.

Elard Koch, Chile – Abortion Legislation and Maternal Deaths – Natural Experiment (1957-2007, PLoS ONE, May 2012 Vol 7 Issue 5)

Offenbar sind die Zusammenhänge ganz anders. Die eigene Forschung der WHO hat gezeigt, dass die sinkende Müttersterblichkeitsrate in den Industrieländern „mit der Entwicklung geburtshilflicher Techniken und der Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands der Frauen zusammenfiel und nicht mit der Legalisierung der Abtreibung“.

Carla Abou Zahr and Erica Royston, Maternal Mortality, A Global Factbook (Geneva: WHO, 1991)

Maternal_morality_ratio_Global_map_2015-WHO.int

Dann gibt es Studien, die behaupten, eine Geburt bedeute ein deutlich höheres Todesrisiko als eine Abtreibung. Problematisch ist dabei in aller Regel, dass sie auf Auswertungen der offiziellen Todesursache basieren, wobei gerade bei Abtreibungen die unmittelbare Ursache der Todesfälle oft nicht korrekt zugeordnet werden können. Aussagekräftiger sind daher Studien, bei denen die Todesfälle innerhalb von jeweils 1 Jahr nach einer Abtreibung oder Geburt untersucht werden, also ohne den Versuch einer mehr oder weniger zutreffenden Ursachen-Zuordnung (siehe Studien unten). Dabei zeigen sich statistisch signifikante Unterschiede, allerdings mit einem ganz anderen Ergebnis.

Eine finnische Studie ist dabei besonders erwähnenswert, weil Finnland eine sozialisierte Gesundheitsversorgung besitzt, mit sehr vollständigen und genauen Gesundheitsdaten. Daraus identifizierten die Wissenschaftler 281 Frauen die innerhalb eines Jahres nach ihrer letzten Schwangerschaft gestorben waren. Die unjustierte Sterblichkeitsrate pro 100000 Fälle betrug 27 für Frauen mit einer Geburt, 48 für Frauen mit einer Fehlgeburt oder Eileiterschwangerschaft, und 101 für Frauen die eine Abtreibung hatten.
Näheres unter afterabortion.org/2000/abortion-four-times-deadlier-than-childbirth .

Klemetti R, Gissler M, Niinimäki M, Hemminki E. Birth outcomes after induced abortion: a nationwide register-based study of first births in Finland. Hum Reprod 2012 Aug 29. [Epub ahead of print]

Für Dänemark konnte gezeigt werden, dass in fast allen untersuchten Zeiträumen die Sterblichkeitsraten, die mit einer Fehlgeburt oder dem Abbruch einer ersten Schwangerschaft verbunden waren, höher waren als die mit der Geburt verbundenen.

Reardon DC, Coleman PK. Short and long term mortality rates associated with first pregnancy outcome: Population register based study for Denmark 1980-2004Med Sci Monit 2012;18(9):PH 71 – 76.

Die folgende Grafik zeigt die Müttersterblichkeit in südamerikanischen und afrikanischen Staaten in Abhängigkeit von der gesetzlichen Regelung von Abtreibungen. Die am wenigsten freizügigsten, also die strengsten Regelungen (least permissive) führen demnach keineswegs zu höherer Müttersterblichkeit.

abortion-laws-and-maternal-mortality-due-to-abortion


(Klick: Vergrößerung in neuem Tab)

Elard Koch et al, Abortion legislation, maternal healthcare, fertility, female literacy, sanitation, violence against women and maternal deaths: a natural experiment in 32 Mexican states  British Medical Journal, BMJ Open 2015

(c) Public Domain

Dann sollte man sich noch folgende eindrückliche Grafik ansehen (Vergrößerung durch Klick). Es zeigt den historischen Verlauf der Müttersterblichkeit in New York, seit 1917. Die MMR sank offenbar mit der Einführung von Penicillin, und nicht erst als Abtreibung legalisiert wurde (1973, Roe v Wade).

Abtreibung wird also durch Legalisierung keineswegs sicherer. Sie hat immer hohe Gesundheitsrisiken für die Mutter bis hin zu Todesfällen selbst bei legalen Abtreibungen, die durch Mediziner ausgeführt wurden. Zudem ist jede Abtreibung unsicher und tödlich – für das Kind. Jede Abtreibung hat also mindestens 1 Todesopfer zur Folge, unabhängig davon, ob die Abtreibung legal oder illegal war, oder ob sie von Medizinern oder Pfuschern durchgeführt wurde.

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